Goethe-Institut Kolkata

Revitalisierung eines ehemaligen Kolonialgebäudes und Ausbau zu einem Kulturinstitut — 2.000 m² — Park Street, Kolkata, Indien — 2018 — Goethe-Institut e.V., München

Zentrum für lebendige Kommunikation

Über fünf Jahrzehnte war das Goethe-Institut – in Indien auch bekannt unter dem Namen Max Mueller Bhavan, nach dem Begründer der Sanskritforschung – in Randlage der 4,5 Millionen Einwohnerstadt Kolkata beheimatet. Doch die Räumlichkeiten entsprachen nicht mehr den heutigen Standards und die Ansprüche an den Raumbedarf waren gestiegen. Mit dem Umzug in das Park Mansions, ein repräsentativer denkmalgeschützter Bau aus der Kolonialzeit von 1912, bezog die kulturelle Institution nun ein ihrer Bedeutung angemessenes Domizil.

Die Architekten und Innenarchitekten verorten das Institut als zentrale Anlaufstelle inmitten der lebendigen Urbanität Kolkatas und vermitteln zwischen traditioneller Formensprache und modernem Vokabular: Unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Aspekte integrieren sie die neue Nutzung respektvoll in das 100 Jahre alte Gebäude.

Ziel war es, eine räumliche Situation zu schaffen, die auf Transparenz und Offenheit basiert sowie unterschiedliche Nutzungsszenarien zulässt. Auf drei Etagen und rund 2.000 Quadratmetern Grundfläche entwickeln die Architekten ein Raumangebot, das dem Institut eine Erweiterung seines Spektrums über die reine Sprach- und Kulturvermittlung hinaus ermöglicht. Den Nutzern steht ein Auditorium mit modernster Medientechnik, eine Bibliothek, die sich über zwei Geschosse erstreckt, acht Klassenräume, ein Lehrerzimmer, ein Verwaltungstrakt, das Foyer sowie das Café Müller mit einer Außenterrasse zur Verfügung. Vielfältige räumliche Beziehungen unterstützen eine lebendige Kommunikation und flexibles Arbeiten.

In der Bibliothek, deren zwei Geschosse über eine skulpturale Treppe verbunden sind, laden große, in Teakholz gestaltete Sitzstufen die Besucher zum Verweilen und Stöbern ein. In lockerer, entspannter Atmosphäre lassen sich leicht Kontakte knüpfen und anregende Gespräche führen. Entstanden sind multifunktional nutzbare Räume: Die Bibliothek, das angegliederte Bistro sowie Auditorium und Foyer sind räumlich miteinander verbunden und können somit für größere Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen oder Konzerte genutzt werden.

Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne

Gestalterisch gehen die Architekten als sensible Mittler zwischen den Kulturen ans Werk: Mit deutscher Ingenieurskunst sanieren sie das prachtvolle Gebäude aus der Kolonialzeit und bewahren seinen Charakter. Die traditionell geweißten Wände stehen in Kontrast zu dunkel gestalteten, offenen Stahlkonstruktionen. Die Original-Türen in dunklen Holztönen mit geschnitzten Kassettenelementen wurden aufwendig wieder instand gesetzt und in die Gestaltung integriert. Bei der Auswahl der Fußböden setzen die Planer ebenfalls auf traditionelles Material: Sie sind in Indian Patent Stone gefertigt – einem indischen Sichtestrich, der in den Klassenzimmern mit den typisch roten Pigmenten versetzt ist. Ein Naturstein, indischer Marmor in angenehm warmen Farbton, prägt die Sanitärräume.

Als zentralen Anlaufpunkt inszenierten die Architekten das „Cafe Müller“, das Besuchern von außerhalb beispielsweise für den Mittagstisch offensteht und mit Atmosphäre punktet: Eine verputzte Backsteinwand wurde freigelegt und mit oxid-roten Pigmenten geschlämmt. Alte Industrieleuchten bilden eine Reminiszenz an den bisherigen Standort, sie beleuchteten dort das Treppenhaus. Im Park Mansions kommen sie zu neuen Ehren und ergänzen das Ambiente stilvoll mit authentischer Note.

Indisches und deutsches Kulturgut

Natürlich darf ein Verweis auf den Namensgeber des Instituts und das Mutterland nicht fehlen: Das dreidimensionale Konterfei Johann-Wolfgang von Goethes – gestaltet vom indischen Künstler Jignesh Panchal – schmückt die Wände im Flurbereich in hundertfacher Ausfertigung. Ein Hirsch vor bewaldeter Szenerie verweist auf die Naturkulisse des Schwarzwaldes und die Silhouette von Schloss Neuschwanstein setzt augenzwinkernd Bezüge zu deutschem Kulturgut. Farbliche Akzente integrieren die Corporate Farben des Goethe-Instituts in die Gestaltung.
Die Architekten und Innenarchitekten schaffen mit dem neuen Goethe-Institut in Kolkata eine würdige Vertretung für die deutsch-indische Kulturvermittlung. Sie gestalten Räume, die den interkulturellen Dialog fördern und gehen dabei – ganz im Sinne des Denkmalschutzes – respektvoll ans Werk. Indische Tradition, deutsches Know-how und künstlerische Kreativität verschmelzen zu einem harmonischen Raumgefüge und geben der Begegnungsstätte für kulturellen Austausch in Kolkata eine neue Heimat.

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